Mittwoch, 30. Januar 2013

ungebändigte Gedichte

Ein Dichter legt ein klitzekleines wenig seiner Inspirationen, und Quellen, offen und bekennt: was soll *ich bei diesen Quellen und diesem "schon DaSein", noch an Neuem, ähnlich kraftvollem und stimmigem ergänzen? Was kann *ich dem noch hinzufügen, was nicht schon durch Millionen Köpfe gewandelt ist und angeregt hat, zu befreienden Gedanken und Worten und hoffentlich, ja, auch zu befreienden Taten.

Was kann Oliver-August Lützenich noch weiteres, erweiterndes hinzufügen, damit Wir Menschen anders miteinander umgehen, dass Wir wirkliche Freiheit erleben und sind, statt einander noch und noch beschränken auf kleinster RaumZeit. Sie brauchen doch nur zu bedenken, wie Wir uns das Nötigste (saubere Luft, reines Wasser, reichhaltige Nahrung, warmes oder kühles Wohnen und fordernde und fördernde Beziehungen) immer teurer machen, für viele Viele fast unbezahlbar. Wir gehen immer noch ziemlich schrecklich im Miteinander miteinander um. MUSS das Sein? Ganz klar Nein, das Muss nicht sein, aber Wir tun es, jetzt und jetzt und jetzt schon wieder und jetzt und jetzt und ...
.
Vermutlich erkennen sie den Kontext zu den
umgebenden Gedichten und Texten.
.

Also heute mal ein wenig Poesie, mit sehr sehr guten Stellen drinn, die inzwischen auch in mir drinn stecken und mir Bescheid geben, wann immer ich einen neuen Bescheid brauche, um weiterzumachen in dem Bemühen, den Stillstand aufzuschieben, den Stillstand der Zufriedenheit, der Liebe, des Wohlbefindens und ... so vieler anderer Schönheit und FREUDE, die nach Stillstand oft genug rufen, um zu bewahren, Was ist?, so wie es eben ist, aber das LEID sagt: Nö.
Einfach so, Aber das LEID ist eben Einfach, die FREUDE Mehrfach.
Beim Thema Stillstand, habe ich fast den Ruf nach Stillstand des Alterns vergessen, denn auch das Altern fordert oft genug den Stillstand, aber das LEID fordert zumindest den Arzt-Besuch und das ist dem Stillstand keine FREUDE.
Aber wegg davon und hin zur Poesie.

Und zuallererst ein Gedicht, dessen Zeilen wohl (fast) Jedes kennt, zumindest eine kleine Zeile darin, denn auf die haben es alle abgesehen, die schweigen müssen, die nicht sprechen dürfen, wie Sie sprechen müssten, wenn Sie sprechen könnten, die von der Masse und der Macht fast erdrückt werden, die die Zensur fast erdrückt, also so fast unendlich Vielen noch, in der Aktualität. Daran hat keine Aufklärung bis jetzt etwas geändert, dass es Verbote gibt; geben muss, ich gebe es ungern zu, aber Wir Menschen sind nun mal noch nicht so WEIT und so Aufmerksam und so Vertraut im und mit dem DaSein, dass Wir ohne Verbote auskommen würden. So lange ist dieses Gedicht aktuell und ist Hilfe und Ansporn für die Vielen, die von der Liebe und von der FREUDE und von der Wahrheit und von der Freiheit schweigen müssen:


Joseph von Eichendorff

Verschwiegene Liebe

Über Wipfel und Saaten 
In den Glanz hinein – 
Wer mag sie erraten, 
Wer holte sie ein? 
Gedanken sich wiegen, 
Die Nacht ist verschwiegen, 
Gedanken sind frei.

Errät' es nur eine, 
Wer an sie gedacht, 
Beim Rauschen der Haine, 
Wenn niemand mehr wacht, 
Als die Wolken, die fliegen – 
Mein Lieb ist verschwiegen 
Und schön wie die Nacht.

Wenn Eichendorff daraus auch ein LiebesGedicht geschrieben hat, so gilt es für mich, viel Weiter, viel Breiter, viel Tiefer, in alle Bereiche des menschlichen DaSeins hinein und hinaus, aber das habe ich oben ja schon angedeutet.

Beim folgenden, hätte ich gerne nur die letzten beiden Zeilen heraus genommen, weil die alleine Grossartig sind, aber ich wollte sie nicht aus dem Zusammenhang reissen, ausserdem wollte ich Ihnen den Hinweg nicht ersparen:

Rainer Maria Rilke

Archaischer Torso Apollos

Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt, 
darin die Augenäpfel reiften. Aber 
sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber, 
in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,

sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug 
der Brust dich blenden, und im leisen Drehen 
der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen 
zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz 
unter der Schultern durchsichtigem Sturz 
und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und bräche nicht aus allen seinen Rändern 
aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle, 
die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.

Wenn Sie das Buch von Peter Sloterdijk: "Du musst Dein Leben ändern" kennen, dann wissen Sie ja schon, dass auch dieser Autor davon Bescheid bekommen hat.

"Denn da ist keine Stelle, die Dich nicht sieht." Sollte ich da ein Ausrufezeichen hinzufügen, oder ist der Satz Ausrufung genug? Die Transparenz-Debatte hat Rilke also schon vorwegg-genommen. Ja, bald gibt es auch im Bewusst-Sein des Menschen keine Stelle mehr, die nicht erkennen tut, dass ALLES im DaSein gespeichert wird und als Information erhalten bleibt. Das geht viel weiter, als Wir Alle das noch bis Heute ahnen, aber ich will mich nicht überfordern, nicht Jetzt, was, wie Sie wiederum erahnen: immer ist. Und: "Du musst Dein Leben ändern.", ist auch schon klar, oder? Bloss, mit der Tatsache im HinterGrund, dass das ohne Du und Dein auskommt, weil diese Zeile eine Grundlegende für das DaSein ist, da braucht es noch nicht einmal ein "musst", um das zu betonen.

Und nun ein etwas längerer Brocken, der aber so was von immer noch aktuell ist, obwohl vor längerer RaumZeit geschrieben, in einer RaumZeit, die den Heutigen kaum mehr erinnerlich ist, obwohl sie diese RaumZeit in-s ich tragen und davon zehren und nicht davon kommen, davon los kommen, auch wenn Sie davon nichts wissen oder auch nicht missen wollen, was in dieser "vergangenen" RaumZeit so geschah.


Bertolt Brecht

An die Nachgeborenen



Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!  
Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn  
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende  
Hat die furchtbare Nachricht  
Nur noch nicht empfangen.  
Was sind das für Zeiten, wo  
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist.  
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!  
Der dort ruhig über die Straße geht  
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde  
Die in Not sind?  
Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt  
Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts  
Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen.  
Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.)  
Man sagt mir: iß und trink du! Sei froh, daß du hast!  
Aber wie kann ich essen und trinken, wenn  
Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und  
Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt?  
Und doch esse und trinke ich.  
Ich wäre gerne auch weise.  
In den alten Büchern steht, was weise ist:  
Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit  
Ohne Furcht verbringen  
Auch ohne Gewalt auskommen  
Böses mit Gutem vergelten  
Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen  
Gilt für weise.  
Alles das kann ich nicht:  
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!  

II  

In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung  
Als da Hunger herrschte.  
Unter die Menschen kam ich zu der Zeit des Aufruhrs  
Und ich empörte mich mit ihnen.  
So verging meine Zeit  
Die auf Erden mir gegeben war.  
Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten  
Schlafen legte ich mich unter die Mörder  
Der Liebe pflegte ich achtlos  
Und die Natur sah ich ohne Geduld.  
So verging meine Zeit  
Die auf Erden mir gegeben war.  
Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit.  
Die Sprache verriet mich dem Schlächter.  
Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden  
Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich.  
So verging meine Zeit  
Die auf Erden mir gegeben war.  
Die Kräfte waren gering. Das Ziel  
Lag in großer Ferne  
Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich  
Kaum zu erreichen.  
So verging meine Zeit  
Die auf Erden mir gegeben war.  

III  

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut  
In der wir untergegangen sind  
Gedenkt  
Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht  
Auch der finsteren Zeit  
Der ihr entronnen seid.  
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd  
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt  
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.  
Dabei wissen wir doch:  
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit  
verzerrt die Züge.  
Auch der Zorn über das Unrecht  
Macht die Stimme heiser. Ach, wir  
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit  
Konnten selber nicht freundlich sein.  
Ihr aber, wenn es so weit sein wird  
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist  
Gedenkt unserer  
Mit Nachsicht.


"Ihr, die Ihr auftauchen werdet aus der Flut / In der Wir untergegangen sind / Gedenkt! / Wenn Ihr von Unseren Schwächen sprecht / Auch der finsteren [Raum]Zeit / Der Ihr entronnen seid." Was (Er + Sie + als was ein-Es auch immer daSein möchte = Wasdenkt dabei nicht an den Satz von Helmut Kohl, von der "Gnade der späten Geburt", nur, dass diese späte Geburt bestenfalls eine der Un-Wissenheit, oder auch eine des Vergessens oder Verdrängens dessen ist, was doch auch in Eines steckt. In Alles?

Dazu auch ein Satz von Walter Benjamin: "Glücklich sein heisst, ohne Schrecken seiner Selbst inne werden zu können."

"Seiner Selbst inne zu werden", also das Selbst, das ein Jedes Mensch ist, inwendig und vielleicht sogar auswendig zu er-kennen, ist die Voraussetzung für ein "glücklich sein". Nun, dann frage ich so in die Runde: Was ist hier auf dem ErdenRund glücklich?
Sind Sie es? Oliver-August Lützenich bin es nicht. Ich bin bestenfalls zufrieden, wie ich Vor-Gestern berichten durfte, aber glücklich ... ?
Dazu fehlen mir noch so einige Bereiche der Inwendigkeit, dazu fehlt mir noch so einiges an Rückmeldung aus mir; in mir "herr-scht" noch so einiger Stau, so manche Un-Zugänglichkeit und zu viele In-Transparenzien, um glücklich sein zu dürfen, aber dazu habe ich ja diese obigen Bescheide, damit da weiterhin was vorwärts geht, in der Arbeit an der Erkenntnis, auch und gerade an der Inwendigkeit. Aber das grösste Glück_lich sein, kommt wahrscheinlich erst dann, wenn auch die Aussenrumigkeit geklärt ist. Und dazu brauche ich auch diese Alle um-s ich 'rum. Mensch es gibt noch viel zu tun: Innen und Aussen.

Oh, ja, ich zerre an mir herum, ich zerre hier und zerre dort, all die Häute des Verbergens müssen fort, weil ich endlich fühlen will, was ist; weil ich endlich spüren will, was wird, was so kommt auf Uns zu, was so war, das weiss ich nun genug, aber mir ist im Jetzt noch verborgen, was ist?; und verdammt, das brauch ich doch zu wissen, um vertraut da zu sein und darum geht es doch? Ja, darum geht es dem DaSein, nicht um Missbrauch, sondern um den Nutzen im DaSein, vom DaSein, und bis Jetzt ist fast nur Missbrauch zu erkennen.
Genug des Drängens und Drängelns aus dem Geist des DaSein, zurück zum Magen.
Hunger!

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