Montag, 26. August 2013

Sprech-Weise

Warum habe *ich nur solange gewartet, dieses Artikel hier einzustellen, obwohl es geradezu ein Muss in diesen Blogs ist, weil es zwei Themen behandelt, die *mir in diesen Beiträgen stets ein Anliegen sind? Die GleichWertigkeit jedes Menschen, mit jedes anderes Mensch und die Veränderung der Sprache hin zur Aufmerksamkeit und der Wahrung dieser GleichWertigkeit der Mit-Glieder im DaSein.

Vielleicht, weil *ich befürchtete, mich zu wiederholen? Obwohl dieses Artikel eine deutliche Bestätigung meines Bemühens und meines Schreibens ist. Mir ist, als hätte Herr Müller auch mal in meinen Blogs vorbeigeklickt, bevor Er geschrieben hat, was Sie sofort lesen können, aber das hat Herr Müller sicherlich nicht, das brauchte Er auch nicht, denn es gibt sicherlich einige andere Menschen, die ähnlich denken und handeln wie *ich, die *ich aber noch nicht kenne. Leider, denn ein Austausch wäre schön, könnte mich beflügeln und vielleicht auch dazu führen, dass mehr Menschen das Glück der Veränderung annehmen.

Aber, wie Sie ja nun wissen und auch unten erlesen werden, ist die Hartnäckigkeit und Bewegungs-Unlust (bewirkt, sehr wahrscheinlich von der Trägheit des DaSein, die ja nun mal als "GrundKraft" auch in Jed-Es von Uns steckt. Was diese Bewegungs-Unlust als einen natürlichen Vorgang kennzeichnet, und Es somit auch von jeglichem VorWurf befreit!) der irdischen Lebendigkeit, darin auch das Mensch, erheblich!

Die Frage, aber die habe *ich ja hier schon gestellt, lautete also:
Wie schaffen Wir es, die Freude begreiflich zu machen, die auch in der Veränderung von Althergebrachtem liegt?

Ist ja nicht gerade so, dass keine Veränderungen passieren, Nein, wahrlich nicht, jede Pico-Sekunde finden Millionen Veränderungen statt, ist ja klar, und somit auch im Menschen und mit uns Menschen, aber bisher werden Wir eben verändert. Wir Menschen werden von Prozessen und Gesetzen verändert, bisher ohne Mensch-ZuTun, so spüre und fühle *ich das, aber *ich möchte Sie jetzt nicht mit Wiederholungen langweilen - immer mehr bin ich das Gefühl mich hier in diesen Blogs nur noch um einen winzigen Kreis zu drehen und somit immer und immer wieder das Gleiche oder sogar, noch schlimmer, das Selbe, zu erschreiben? - sonst schlafen Sie noch beim Lesen ein, nein.

Nur, gewisse Handlungsarten (wie geschrieben, von -weise sind Wir, meiner bescheidenen Ansicht, noch ein gutes Stück entfernt) dauern Jahrzehnte, Jahrhunderte oder sogar JahrTausende, bis daran wenigstens ein leiser Zweifel in ALLEN aufkommt und somit auch eine Veränderung passiert. Und bisher ist der Zweifel in und an der Sprache, an den Sprachen, bestenfalls eine Randerscheinung, eine unbewusste auch noch, wie, Sie werden es auch gleich aus einer anderen Feder erlesen, überhaupt die Sprache ein Unbewusstes tun ist, seltsamerweise, denn die Sprache ist doch das DAS D A S Werkzeug des Bewusst-Sein.

Oder etwa nicht?
Aber Wir sprechen fast Alle immer nur unbewusst, also ohne zu wissen, was da gerade wirklich drinnsteckt, in dem, was ein-Es da sagt; oder zu fragen, ob es passt zu dem, was es benennt, oder gar wissen zu wollen, ob Wir mit dem, wie Wir sprechen und was Wir dabei für Worte nutzen --> Einander verletzen.

Und Wir verletzen Einander andauernd. Und das geschieht ebenso andauernd unbewusst, aber sehr [un-]wohl spürbar. Meist nur in der Ironie und im Witz lassen Wir manchmal anklingen und erkennen, was an Gefühlen, überbordender Vielfalt und Farbigkeit, aber auch derbster Brutalität in das Sprache steckt.
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Max Ernst, "Neandertal", 1959
Wenn Sie jetzt vermuten, dass
dieses Gemälde irgend etwas
mit dem Beitrag zu tun
hat, dann vermuten
Sie richtig. Aber
was?
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Aus Süddeutsche Zeitung, vom 20. August 2013, von Burkhard Müller
Titel: Der Mensch, die Männin
Untertitel: Vom 1. November an gibt es im deutschen Personenstandsrecht ein "unbestimmtes Geschlecht". Wie soll es zur Sprache kommen? Die Auseinandersetzung der Geschlechter war bisher immer vor allem eines: ein Krieg der Wörter

Jetzt ist es also amtlich: Künftig wird es in Deutschland nicht nur Angehörige des männlichen oder weiblichen, sondern auch eines dritten Geschlechts geben. Dieses Geschlecht trägt vorerst keinen Namen; es gibt sich einzig dadurch zu erkennen, dass es fortan erlaubt sein soll, bei Personenstandsmeldungen weder das Kästchen M noch das Kästchen F anzukreuzen (SZ vom 16. August). Es ist also "unbestimmt", das scheint so unauffällig wie möglich; und wirklich hat das entsprechende Gesetz, als es vor drei Monaten verabschiedet wurde, zunächst einmal sehr wenig Beachtung gefunden. Es bedurfte eines zweiten, schärferen Blicks, um zu erkennen, dass, wo scheinbar nichts stand, in Wahrheit ein Menetekel flammte: Ein uraltes Entweder - Oder gab plötzlich einer neuen Freiheit Raum. 

Das Geschlecht scheint zu den unmissverständlichsten Naturtatsachen zu gehören. Doch nirgends zeigt sich so deutlich wie gerade hier, dass, was am Menschen wie Natur aussieht, es immer nur dem Stoff nach ist, während er alle Form selbst hinzutut: ein Haufen Ton in der Hand des Töpfers, plastisch und verhandelbar. Das Werkzeug zu seiner Gestaltung ist die Sprache (notfalls sogar, wie sich im jetzigen Fall erweist, ihr Schatten, das Schweigen). Alle Auseinandersetzung der Geschlechter und um das Geschlecht hat sich darum als ein Kampf der Worte vollzogen, genauer: als ein Krieg der Wörter; denn hier wächst dem einzelnen Namen und Begriff überwältigende Macht zu. 

Eine ganze Wissenschaftslandschaft hat sich in der Kluft entwickelt, die sich wie mit einem Axthieb auftat zwischen sex und gender, wobei sex ist, was Stier und Kuh trennt, und gender, was der Mensch draus macht. Ursprünglich meint gender das sogenannte grammatische Geschlecht, jene Konvention also, die den Tisch als männlich, die Lampe als weiblich, das Weib aber als sächlich bestimmt. Indem dieses einzelne Wort, gender, neu angewandt, die unübersehbare Willkür der blossen Gepflogenheit auch imVerhältnis von Männern und Frauen am Werk sah, eröffnete es den Weg zu neuen Einsichten und Ansprüchen. 

Und als Simone de Beauvoir ihr für den Feminismus wegweisendes Werk schrieb, da verstand es sich für Sie von selbst, dass es "Das andere Geschlecht" heissen musste. Das bislang verschleierte Problem liess sich am besten fassen, indem Sie es als ein sprachliches nahm: Überall, so stellte Sie fest, wird der Mann als der eigentliche Mensch bezeichnet. Dies ist direkt der Fall bei französisch "homme", italienisch "uomo", englisch "man", indirekt bei griechisch "anthropos", der sich von "aner", und bei deutsch "Mensch", der sich als Adjektiv von "Mann" herschreibt: was Mannesart hat. Nicht wie Eins und Zwei verhalten sich Mann und Frau in den Gesellschaften, so lautete de Beauvoirs' zentrale Erkenntnis, sondern wie Eins und Null. Neben dem ersten biblischen Schöpfungsbericht, der davon spricht, dass Gott den Menschen als Mann und Frau erschuf, steht, weit einprägsamer und wirkungsmächtiger, der zweite mit seiner Geschichte, wie dem schon fertigen Adam eine Rippe entnommen und zur Gefährtin umgestaltet wird, "denn es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei". D e r Mensch, das ist Adam, und Eva seine abgeleitete Funktion. Sie solle, so heisst es in Luthers Übersetzung, "Männin" heissen, darum, dass sie vom Manne genommen sei. 

Sprache ist nicht starr, sehr wohl aber viskos, sie tendiert zu Zäh- und Trägheit 

Die absurde Form "Männin" macht klar, dass es bei dieser Frage nicht nur um einen Rang geht (das wäre offen auszufechten), sondern um einen Sachverhalt, der sich tief im Sprach-Unbewussten der Völker verbirgt. Das haben der Feminismus und die Gleichberechtigungs-Bewegung ganz richtig erkannt; und recht hatten sie auch damit, notfalls gewaltsam dagegen vorzugehen. Aber sie haben den Widerstand des Materials unterschätzt. Sprache ist nicht starr, sehr wohl aber viskos; sie tendiert zu Zäh- und Trägheit. Dem Austausch einzelner Hauptwörter stellt sie wenig Hindernisse in den Weg, und wenn das erwachende ökologische Gewissen das feindlich betrachtete "Raubtier" gegen den neutralen "Beutegreifer" auswechseln will, so kann sich das in relativ kurzer Zeit durchsetzen. 

Aber mit solchen punktuellen Aktionen ist es, was Mann und Frau betrifft, eben nicht getan. 

Das Englische hat es, wie so oft, in dieser Hinsicht leichter, als das Deutsche. "Teacher" ist Lehrer und Lehrerin, "student" Student und Studentin. Alte Formen, wie "usherette" für die Platzanweiserin, sterben dort allmählich aus und weichen der Unisex-Bezeichnung, anstatt "chairman", heisst diejenige Person, die dem Aufsichtsrat vorsteht, nun "chairperson". Bei uns sind "Studierende" ein einmaliger, nicht beliebig ausweitbarer Trick, die "Lehrenden" sind bislang nicht nachgefolgt. Die Nachsilbe "-in" markiert die weibliche Form selbst dort, wo sie mit einem völlig gleichberechtigenden "und" angefügt wird, anschaulich als ein Derivat der männlichen, da beisst die Maus keinen Faden ab. Wenig hilft es, einfach zu behaupten, sie könne genauso gut als das gemeinsame Grundwort dienen, wie es derzeit die Universität Leipzig versucht, wenn sie umstandslos alle, die auf einem Lehrstuhl sitzen, sie seien Männlein oder Weiblein, als "Professorin" tituliert: Hier schlägt das ursprüngliche Recht einer Forderung, ins Unpraktikable getrieben, ins Doktrinäre um. 

Man muss, wenn man ehrlich ist, zugeben, dass das Deutsche hier einstweilen keine guten Lösungen bietet: "Professorinnen und Professoren" verstossen in ihrer trauten Verdoppelung gegen das Sprachgebot der Ökonomie, "Professorinnen" wie "Professor/inn/en" bleiben blosses Schriftbild, ohne Chance einer verrenkunsgfrei möglichen Repräsentation in mündlicher Rede; "Professoren" allein unterschlagen, ob sie es wollen oder nicht, die Kolleginnen; um "Professorinnen", sofern sie auch die Kollegen einschliessen sollen, wirken wie Charlys Tante oder ähnlicher Gender-Klamauk. Bei einzelnen Vokabeln, wie gesagt, gilt: die Sprache gibt leicht nach, nicht aber dort, wo ihr jemand in die Strukturen langen will. Im Deutschen belehrt das Schicksal von "frau", kleingeschrieben und vom Substantiv ins unbestimmte Pronomen verwandelt, darüber, was sich hier erzwingen lässt und was nicht. Es sollte dem "man" überall dort entgegentreten, wo es weibliche Interessen oder Standpunkte betraf. Nun ist "man" schon von Haus aus ein besonder tückisches Wörtlein, das dazu dient, den Urheber einer Handlung oder Ansicht zu verschleiern (wie in "man tut so was nicht" oder "man müsste mal wieder die Fenster putzen"). Da es das männliche Prinzip unter der Hand mit dem Allgemeinen schlechthin gleichsetzt bestand aller Grund, ihm eine Schwester beizugeben. Aber es war lebensfähig nur dort, wo ihr die Emphase des Kämpferischen beistand und war zu einer sozusagen zivilen Existenz nicht imstande. Darum verschwand es recht unauffällig wieder, auch aus den weiblichen Diskursen. An seine Stelle trat (ohne rechtes Bewusstsein, wie bei sprachliche Dingen üblich) "man als Frau". Hat man das Ohr dafür geschärft, kann man es überall hören. Sein scheinbarer Widersinn ist wie die Dinge heute liegen, unvermeidlich er beschämt nicht die Sprecherin, sondern die Sprache selbst.
Ende SZ-Artikel.

Vielleicht fällt mir dazu noch etwas ein?
Wenn, dann lasse ich es Sie hier wissen.
Bis bald.

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