Freitag, 22. Juni 2012

Das «i» ist in der Krise

Haben Sie gerade etwas RaumZeit für eine kritische Umkreisung der Krise, quasi eine sphärische Betrachtung eines inzwischen fast alltäglichen Zustandes in und zwischen den Weiten der Erde, oder liege ich da falsch? Könnte ja sein, dass ich nur etwas zur Seite rücken bräuchte und wäre völlig ausserhalb jedes Ausschlags der Amplitude der Normalität, wäre gerade bei einem Glas Wein, unter einem Vordach, geschützt von der Nachmittagssonne, im Kreis freundlicher, schwatzender Menschen, auf dem Tisch vor mir kleine Leckereien, vielleicht aus Andalusien, hätte gerade über einen Witz gelacht, lehnte mich zurück, um die Kehle wieder etwas zu befeuchten, in der schattigen Hitze und würde gerade ansetzen mit den Umsitzenden die Ernte unserer Feldfrüchte am nächsten Morgen zu besprechen, da breitet eine Frau neben mir noch eine süsse Leckerei aus und erzählt von einem schmackhaften Rezept für ein scharfes Gericht, das Sie für Morgen vorbereiten möchte und rund um Uns herum tollen Kinder mit einem Ball herum, schliesslich ist gerade EM, da schiebt mir Eines davon eine Weintraube in den Mund, die ich mit einem weiteren Schluck des vollen fruchtigen Weins herunterspüle, da kommt eine Geliebte vorbei und küsst mich lachend, und dann mache ich wieder einen Schritt zur Seite und werde voll von einer Krise in der Hüfte getroffen, könnt ja sein, oder?
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Igor Jablunowskij, "Stilleben mit Käse"
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Was hat die Krise mit dem Wort zu tun?
Eine etymologisch-philosophisch-humoristische Ein- und Umkreisung.
AllerOrten wird von der Krise gesprochen, von den kleinen persönlichen Lebenskrisen, bis zu den grossen Gesellschaftkrisen, Euro-Krise, Schulden-Krise, Banken-Krise, oder sogar der Klima-Krise, also einer Krise, die die gesamte BioSphäre erfasst hat.
Mein Beitrag handelt aber nicht von den Wirkungen und Geschehnissen, - privat oder allumfassend -, die mit dem Wort Krise bezeichnet werden, sondern behandelt  f a s t  nur dieses Wort. Dabei spielen die Wirkungen, die dieses Wort bezeichnet aber selbstverständlich eine Rolle, sie sind die Ursache und geben das Hintergrundgeräusch, bei der näheren Betrachtung und Bewertung dieses kleinen Wortes, mit den so starken Wirkungen, die es bezeichnet. Es ist also eine Sprach-Philosophische Lupe, die ich als Sprech- und Philosophieinteressierter Dilettant (siehe dazu ganz unten) da angelegt habe.
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Ich kann das obige Stilleben nicht alleine stehen lassen!
Francisco de Goya, "Stilleben"
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Die Annäherung begann mit der Frage: Welchen Weg hat das Wort zurückgelegt?
Um dann noch tiefer zu forschen, nämlich in Uns, den sprechenden, den die Worte formenden Wesen. Stimmt also das Wort mit der Stimmung überein, die es bezeichnet:
Ist das Wort passend? 
Nun, das beurteilen Wir gemeinsam, also auch Sie, und ich wette, es gibt einige Gegenstimmen. Ausgegangen bin ich vom lebendigeren Bereich der Sprachen, von den Vokalen, also den "Selbstlauten", von lat. 'vocalis' = "stimmreich, tönend", abgeleitet von lat. 'Vox' = "Laut, Ton, Schall; Stimme; Wort; Rede".
Im Unterschied zu den Konsonanten, den "Mitlauten", von lat. 'con-sonare' = "zusammen-, mittönen".
Interessant dabei ist, dass die Vokale mit der Atemluft ungehindert austreten können, während die Konsonanten von Zunge, Zähnen, Gaumen und Lippen umgeformt oder sogar beim Austritt gehemmt (gestoppt) oder eingeengt werden. Während also die Vokale aus der Tiefe kommen, sind die Konsonanten eine (inhaltliche) Beimischung, die den Vokalen Form und Farbe mitgeben und damit mehr Genauigkeit; eine interne Differenzierung der Lautäusserung, zur besseren Herkunftsbestimmung und Richtungsaussage.
Sprache ist eine Möglichkeit der AusDifferenzierung von Geräuschen, von Lauten, irgendwann hat unseren Vorfahren das A(h), U(h), I(iih) und O(h) nicht mehr gereicht, sie forderten mehr (inhaltliche) Details und sie bekamen sie, über die Zunge, z(w)ischen den Zähnen hindurch und mit blubbernden Lippen hinaus, in die Ohren hinein.
Und was hat das alles mit der Krise zu tun?

Das «i» ist in der Kr-i-se.
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i
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Zuerst eine rad-i-kale (von lat. 'radix' = "die Wurzel", die Süddeutschen denken da gerne auch an die Brotzeit (Radi), die "Löwen"-Fans auch an einen Torwart) Betrachtung der "Krise". Das Wort Krise entstammt ursprünglich aus dem griechischen 'krisis' (Ein Schelm, Was dabei nicht an Hier und Heute denkt, oder?), das "Entscheidung" oder auch "entscheidende Wendung" bedeutet. Die Lateiner übernahmen es in der Form 'crisis', vergrösserten den ersten Buchstaben zum 'C(risis)' und machten daraus einen medizinischen Begriff, der den Höhe- und Wendepunkt einer Krankheit bezeichnete. Über das französische 'Crise'  kam das Wort im 18. Jahrhundert (1789, -> Napoleon) auch zum Deutschen und wurde auch hier zum allgemeinen Gebrauch für "schwierige, komplizierte, aufrüttelnde, unübersehbare Situation/Umstand" ausgeweitet.
Nun könnte Mensch ja auf die Idee kommen, dass Dasjenige, was die Krise fühlt und dann in den Mund oder die Hand nimmt, eine Entscheidung scheut oder den Höhe- oder Wendepunkt einer Krankheit erleidet, aber das würde bedeuten, dass das DaSein eine Entscheidungsschwäche oder gar eine Krankheit ist, so oft, wie Einige beständig eine Krise ausrufen oder haben.
Aber das mag ich nicht beurteilen.
Was ich allerdings beurteilen mag, ist die tieferreichende Wurzel der Krise. Und da fällt auf, mitten in der Kr-i-se steht das "i". Ein lauter Vokal mitten zwischen "kr" und "s" und einem anstössigen, wenig beruhigenden auslaufenden "e", welches den Aufschrei, den das "i" erregte, bloss noch in die Länge zieht: Kriiisee!
Denn, die Vokale sind ja die Haupttöne der Sprache, sie kommen aus der Tiefe, geben die Stimmung an und hinaus, die Konsonanten werden erst beim Verlassen hinzugefügt, geben dieser Tiefe eine Richtung und ein wenig Genauigkeit, sagen Sie mal "Krs".
So ohne "i" ist das bloss ein Geräusch, oder? Ganz in der Nähe von Kuss, Kross, Krass, Kruste, Kresse und so weiter: "Krs"? Aber eine Krise bedeutet, fühlt und bekommt Mensch damit nicht. Kann Mensch die Krise auch nüchtern und still sprechen: krise, ganz leise? Ja, wenn Mensch schon mittendrinn oder gar am Ende ist, abgestumpft ist, die Krisen schon kennt, so wie Eines die Liebe spricht, wenn Es verlassen ist; aber wenn die Krise noch jung ist und Mensch noch lebendig ist, dann schreit das "i" in der Krise laut auf, dann bleibt keine Kruste mehr kross und ein Kuss wäre dann voll krass.
Iiiie!
Was machen Sie denn für ein Gesicht dabei?
Iiiie! Kommen Sie, gehen Sie vor den Spiegel und lassen Sie ein "i" verlauten, vielleicht etwas in die Länge gezogen, also ein"iii".
Und? Ekelhaft, oder?
Iii! Erschreckend, vielleicht? Schon jedem Kleinkind ist dieser Aufschrei und das dahinter-steckende Gefühl, das gleich auf das noch ältere "a" folgt (Pa->nik!), bekannt: "iii", schön schr-i-ll: "i!"; und nun ein wenig abgemildert und auslaufend abgemischt, mit etwas "e": "ie".
Jetzt beachten Sie bei der Beobachtung im Spiegel die Augen. Aber wirklich "iie!", nicht bloss flöten. Und? Hilfe! Oder? Entsetzen, oder?
Diebe! Hilfe, Ie kriiege diiie Kriiisee! Polizeiii!

Krise?
Vermutung: Was (Sie + Er = Was) von der Krise profitiert, kennt weder Ekel noch den Schrecken des DaSeins, Es schickt diesen "le[i]diglich" aus. Die Einen verbreiten sie und profitieren davon, die Anderen erliegen ihr und zahlen, so ist das bisher geregelt, oder? Heute schon geschiiissen? Also gut, der Ekel ist in Jedes driiinn. Keines ist davon frei, Das Eine Selbst ist jedoch mehr, das Andere weniger in der Krise.
Die Krise ist, wie Alles einfach ungerecht verteilt. Krediiit, Ziiinsen, Hiiilfe!

Und mittendrinn das "i", oder auch vorne drann und hinten "ch".
Kr! Die Englischen kommen inzwischen ohne "ch" aus, denen reicht das "I". Allerdings gehen Sie wohl miss-verständlicher-weise davon aus, dass Sie das Ei noch nicht verlassen hätten, dass Sie noch Ei-nes sind, aber das mag auch nur in "deutschen" Ohren so klingen, ei, ei. ei ..., aber, vielleicht ist das ja wiiirkliiich so, oder es ist zumindest besser für Sie? Allerdings wird bei den Englischen beim Zeigen auf das Selbst, das Ei wieder zum mi; i, was das wohl zu bedeuten hat?  Wir Ger-maniiischen, haben das Ei mit einem "i" verlassen, oder auch einem "iii!", an dem noch die Schale klebt: "ch".
Ich, ich, ich und ich auch und ich sowieso und dabei immer schön den Arm nach oben und mit den Fingern schniiippen: "ich!, ich!, ich!", um bei der Verteiiilung nicht zu kurz zu kommen;  gerne auch mit dem rechten Arm, und rufen: "Ich!", oder auch ohne "Ich!", und dem Anderen dabei nur das Beste zu wünschen, die Römer taten es mit "Salve", die Ger-maniiischen übersetzten es zwar "richtich", gönnten es aber leider raumzeit-weise(?) nur Einem, was Der aber nur schlecht ertrug, und damit den Gönnern wenig einbrachte, aber das ist ein anderes Kapiiitel.
Verzeihen Sie, als unaufgeräumter Deutscher entgleitet einem so Vieles in einen Dritten Bereich ab, der noch seiner Aufklärung harrt, darauf wartet, aber zurück zum i.

Ist das "i" dem Selbst ein Schrecken? Oder ist das Entdecken der Lebendigkeit, darin auch das Selbst, erstmal ein Er-Schrecken? I, ich bin lebendig.
Noch ein paar Worte zum "ich", das "ch" ist ja auch das Geräusch der Echsen und der Schlangen zur Abwehr: "ch!"? Ich. Das Erschrecken zusammengebunden mit der Abschreckung. Ist das jetzt zuviel der Interpretation von Geräusch und Gefühl, ist das eine Fehl-Einschätzung? Also ich, i ch lerne gerade die Freuden des DaSeins und hinter- und unterfrage dabei auch meine, Unsere, Mitteilungsform, Unsere Form der ZwischenSpezies-Kommunikation und kratze dabei den Kopf, aber ...
Da steckt Eines den Kopf übers Wasser und sieht-s ich und fühlt "ie"? War das so, oder war es eher ein "och?", oder ein freches "eeh", hey da, Sie da, ich da, du da: "uh" und die Kuh da hats gehört und gedacht(?): hey da, du da, muh da und die Mutta schreiiit und "rettet" das Kind vor der muh da, oda? Und schon sind Wir wieda in der Krise. Voll da. I

I.
Sooft iiich, dabei das Gefühl beachte, welches das "i" in miiir erregt, umso weniiiger möchte ich dabei Entscheiden, und darum ging es doch, oder?
Hilfe! Diebe! Miese! Hiebe! Krieg!!! Sieg!!!
Und iiich miiittendriiinn in dieser Wiiirkliiichkeiiit!  Was will da noch Da(mit)Seiiin?
Und jeweils Mittendrinn das Erschrecken, mittendrinn der Ekel und als Beschriftung daran, das "i"!
Und immer dabei auch die Liebe. Wenn die Sprache etwas bedeutet, was bedeutet dann das? Gerade nach dem vorherigen Satz spüre ich etwas aufsteigen: Wut. Aber gut, nur zu.

U.
Vorsicht! Uh, uh, uh, ganz vorsichtig, sonst wirds gefährlich! Uh, uh, uh, Wut, wenn ich jetzt nicht meine Fäuste banne, dann gibts einen rechten Schwinger in den Autor, ansatzlos, mitten rein in die eh, eh, weil die Liebe ist sakrosankt, sooo guuut, oder so.

O.
Schauen Sie dabei mal wieder in den Spiegel: "o", nur "o". Überraschung, oder?
Oder? O. Verzeihung. Aber ... O. Hilfe! Mord! Lohn. Hohn. Mohn. Zone. Krone. Wonne, obwohl!, die Wonne ist zuviel "n", wie wäre es mit Wohl, Kohl, Tod, tot. Überraschung? Oh. Was da alles drinn steckt in der Sprache und deren Einzelteilen, aber Wir waren beim "i" und der Krise und bleiben auch dabei, oder wie?

I!
Kr. Warum nicht "gr"?, das drohende "grrr", sondern das "kr", also das härtere "gr".
Grise.
Jetzt wissen Sie warum. Das weiche "gr" taugt vielleicht für den Griesbrei, das Grimmen, die Grimasse, den Grind und das Grinsen, aber spätestens bei der Grippe beginnt dann schon leicht die Krise, die dann auch noch jeden Grips überwindet. I, oder?
Kann das Fazit also sein, die Krise und nebenbei auch den Krieg, die Liebe und den Sieg zu überwinden, indem Wir das "i" aus Uns und damit auch aus Unserer Sprache entfernen? Uns bleiben ja noch das o, oder so? Oder das u, obwohl, hu? Und das leicht anstössige e. 
Sex, Sie wissen, kicher. Ein Scherz. Das auch im Herz steckt, oder versteckt auch im März. Säx, Aufwärts, Härz, Schärz, Abwärts, Schmärz; Was braucht Heute schon noch das e?
In Wirklichkeit ist vielleicht das "e" in der Krise. Zensen, Krese, Kredet, Greesbree, Leebe, Seeg; Helfe?; ich finde Wir sollten das überlegen.

Kann also aus der Krise nur herausfinden, wer in-s ich das e entdeckt, das friiiedliiiche e. Huch, selbst im Friiieden steckt die Krise, Friede! Liebe! Hiebe! Krieg! Diebe! Zins, Hiiilfe! Ich fliehe!
Also wie lösen wir den Ekel und das Entsetzen aus dem DaSein aus.
Das aus dem Frieden die Freude gedeiht, aus der Liebe die Lebendigkeit, aus dem Krieg die Kreide und aus der Hilfe!, das Helfen.
Geschriiien haben Wir doch nun schon lange genug, das Entsetzen und Erschrecken waren Riesengross, wie wäre es langsam mit etwas Beruhiiigung ... das ist aber jetzt gemein ... alles ist verwiiirrt und verfilzt, nichts ist sortenrein, also vergessen Siiie die Sachen mit dem "i", dann bleiben Wir doch einfach bei/in der Krise.
Und halten sie weiterhin besser aus, weil, ja weil die Krise nun mal zur Lebendigkeit gehört, wie auch das entspannte Glaserl danach, oder davor.
Also ich liebe die Krise, aber ich lass mich nicht davon allein bestimmen, ich gönn der Krise und mir ab Heute auch das zweite Auge, dann ist sie weniger einäugig.
Also, auf die Kriese, Proost.

Aber Halt! Ohne den Zweifel, darf ich Sie nicht entlassen. Was ist mit Kind, Rind, Pflicht, Licht, Wicht, der Gicht, dem Nicht, der freien Sicht, und der Bild, oder auch die Presse, in die Fresse mit der Kresse.
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Also ganz am Schluss noch ein Wort zu Oliver-August Lützenich, ich muss bekennen: ich bin eine wahrer Dilettant.

Dilettant: Das seit dem 18. Jh. bezeugte Fremdwort, bezeichnete zunächst nur den nicht beruflich geschulten Künstler bzw. den Kunstliebhaber, dann allgemeiner den Nichtfachmann und schliesslich abwertend den Stümper. Das Wort ist aus gleichbedeutend it. 'dilettante' entlehnt. Das zugrunde liegende Verb ital. 'dilettare' geht auf lat. 'delectare' zurück und bedeutet wie dieses: "ergötzen, amüsieren". Stammwort ist lat. 'lacere' "verlocken" bzw. das Intensiv: 'lactare' = "locken, ködern", das zusammenhängt mit lat. 'laqueus' = "Strick als Schlinge" (daraus unser Lehnwort 'Latz'). Die vermittelnde eigentliche Bedeutung von 'lacere' wäre dann etwa: "in eine Schlinge locken, bestricken".
Da bin ich doch gerne Dielettant, worin und wobei auch immer. Danke.

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